24/04/2023

Mahn- und Gedenkveranstaltung | 2. Mai 1933 - 90 Jahre danach

2. Mai 1933: Die Zerschlagung der freien Gewerkschaften

2023 jährt sich die Zerschlagung der deutschen Arbeiterbewegung durch die Nationalsozialisten zum 90. Mal.

Nachdem die Nationalsozialisten 1933 die Macht ergriffen hatten, begannen sie umgehend mit dem Umbau des Staates. Systematisch bereiteten sie Massenmord und Angriffskrieg vor. Erst warfen sie die Kommunisten und Sozialdemokraten in die Gefängnisse und die ersten KZs, dann beseitigten sie mit der so genannten Notverordnung zum Schutz von Volk und Staat sowie dem Ermächtigungsgesetz die demokratische Staatsordnung der Weimarer Republik. Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums markiert die erste Etappe der organisierten Judenverfolgung.

Mit der Zerschlagung der freien Gewerkschaften am 2. Mai 1933 zerstörten die Nazis eines der letzten Bollwerke, das ihrer absoluten Machtergreifung noch hätte im Weg stehen können.

Wenn wir in diesem Jahr in Duisburg an die Zerschlagung der freien Gewerkschaftsbewegung durch das nationalsozialistische Regime erinnern, erinnern wir (uns) vor allem an unsere vier von den Nazi-Schergen ermordeten Gewerkschafter Julius Birck, Michael Rodenstock, Johann Schlösser und Emil Rentmeister, die anlässlich der „Gleichschaltung der Gewerkschaften“ der durch die Nazis in den Gewerkschaftshäusern der Ruhrorter Straße 11 brutal gefoltert und erschlagen wurden. Das Gedenken an diese schrecklichen Ereignisse verpflichtet uns auch in diesem Jahr wieder, Gedenkveranstaltungen stattfinden zu lassen.

Neben der Gedenkveranstaltung in Duisburg, beginnend ab 16:00 Uhr am DGB – Haus und einer Kranzniederlegung am Mahnmal Ruhrorter Straße 11, welches von der Künstlerin Gabriella Fekete unter dem Titel „Erfahrbare Wände“ geschaffen wurde, wird eine zweite Mahn- und Gedenkveranstaltung des DGB-Ortsverbandes Dinslaken-Voerde-Hünxe um 15:00 Uhr auf dem Dinslakener Parkfriedhof an der B8 stattfinden. Hier sind unsere vier ermordeten Gewerkschafter beigesetzt.

Nach der Mahn- und Gedenkveranstaltung in Duisburg wird eine Busfahrt zu Orten der Erinnerung stattfinden, an der auch junge israelische Gewerkschafter, die derzeit bei der IG Metall Jugend zu Gast sind teilnehmen. Ab 18:30 Uhr wird ein gemeinsamer Tagesabschluss stattfinden.

Der 90. Jahrestag der Zerschlagung der Gewerkschaften verpflichtet uns in besonderer Weise an die schrecklichen Ereignisse zu erinnern und zu mahnen. Neben den Gedenkveranstaltungen hat sich die IG Metall Geschäftsstelle Duisburg-Dinslaken schon vor längerer Zeit dazu entschlossen, die Dokumentation ( 2. Auflage 1983)

 

Die „Gleichschaltung“ der Gewerkschaften

Die Ereignisse um den 2. Mai 1933 in Duisburg

-        Berichte und Dokumente –

Herausgegeben von der IG Metall, Verwaltungsstelle Duisburg zum 50. Jahrestag der Besetzung der Gewerkschaftshäuser und der Ermordung von 4 Gewerkschaftern durch die Nationalsozialisten in Duisburg mit Unterstützung des DGB – Region Niederrhein - in einer dritten Auflage neu herauszugeben.

Die Idee hierzu entstand anlässlich eines Besuches von Heltraut Schefels-Feldgen, einer Enkelin von Franz Ring, im Jahre 2019 in unserer Geschäftsstelle. Franz Ring war von 1919 bis zum 2. Mai 1933 Erster Bevollmächtigter des Deutschen Metallarbeiterverbandes in Duisburg und entkam nur knapp den Totschlägern am Morgen des 2. Mai in Duisburg, war aber, wie seine gesamte Familie, und wie alle andere Gewerkschafter und Gewerkschafterinnen während der gesamten Zeit des Faschismus von Verfolgung und Drangsalierungen bedroht.

Neben einem neuen Vorwort der IG Metall-Geschäftsstelle hat auch unserer Kollegin Heltraut Schefels-Feldgen ein Vorwort mit persönlichen Erinnerungen an die schreckliche Zeit aber auch in Erinnerung an ihren Großvater beigesteuert.

Ihre Schwester, die Kollegin Erika Brüntgens hat uns bei der Neuauflage ebenfalls tatkräftig unterstützt. Sie besitzt eines der wenigen vorhandenen Exemplare der 2. Auflage der Dokumentation, welches sie uns zur Vervielfältigung überlassen hat.

Neben der Dokumentation haben wir auch die „Karte“:

„Widerstand und Verfolgung in Duisburg – Eine politische Stadtrundfahrt“

welche vom Jugendamt der Stadt Duisburg, der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, dem DGB Duisburg, dem Duisburger Jugendring und dem progressiven Eltern- und Erzieherverband mit Unterstützung des Duisburger Stadtarchivs herausgegeben wurde, neu drucken lassen. So wird in jedem Exemplar der Neuauflage der Dokumentation auch wieder diese Karte zu finden sein.

Die Ereignisse des 2. Mai und die Zerschlagung der Gewerkschaften durch die Nazis waren ein brutaler Anschlag auf eine freie Gesellschaft, auf freie Gewerkschaften und gesellschaftliche sowie betriebliche Mitbestimmung. Gerade die Verteidigung dieser elementaren Grundrechte in einem freien Staat gehörte auch damals – wie heute - zu den unverrückbaren Werten der Arbeiterbewegung und der Gewerkschaften

Gerade der viel tausendfache gewerkschaftliche Widerstand und dessen Bedeutung hat nie die Würdigung erfahren, die ihm eigentlich zusteht. Deshalb muss es gerade unsere Aufgabe sein, diesen Widerstand nicht aus den Augen zu verlieren und ihn vor allem unseren eigenen – jungen – Kolleginnen und Kollegen weiter zu vermitteln.

Die Dokumente, die uns in Duisburg zur Erinnerung und Mahnung zur Verfügung stehen sind vielfältig und eignen sich in hervorragender Art und Weise dazu. Mut macht, dass viel junge Menschen, vor allem aber auch Schülerinnen und Schüler nach wie vor, unterstützt durch engagierte Lehrerinnen und Lehrer mit dem dunklen Kapitel des deutschen Faschismus aktiv auseinandersetzen.

Das macht Mut und veranlasst uns, gerade auch den vielfachen politischen, gewerkschaftlichen und kirchlichen Widerstand nicht in Vergessenheit geraten zu lassen.

Hierzu gehört, dass wir die Vielzahl der mutigen Frauen und Männer des Widerstandes und der ermordeten Nazi-Gegner wieder mehr in den Fokus rücken müssen.

Neben den bekannteren Opfern, wie unseren vier ermordeten Gewerkschaftern gab es eine Vielzahl weiterer Opfer, die von den Nazis verfolgt und ermordet wurden.

 

Exemplarisch:

Wilhelmine Struth, Arbeiterfrau, KPD - Mitglied, erschossen am 02.02.1933 in ihrer Wohnung in Wanheimerort

Heinrich Bachler, ermordet im KZ Börgermoor, 1944, Vater unseres IG Metall Kollegen Bruno Bachler, später langjähriges Betriebsratsmitglied bei Krohne Messtechnik, ebenfalls jahrelanges Martyrium im KZ Buchenwald

Willi Schmidt, erster Jugendsekretär der IG Metall Duisburg, später Vorstandssekretär der IGM in Frankfurt, jahrelang bis zu seiner Befreiung inhaftiert im KZ Buchenwald,

Alfred Hitz, Duisburg-Rheinhausen, Widerstandskämpfer, ermordet von der Gestapo 1935

Johann Esser, Bergmann aus Duisburg-Rheinhausen, Kommunist, Gewerkschafter, Arbeiterdichter, inhaftiert u.a. im KZ Börgermoor im Emsland, dichtete den Text zu dem Lied:

„Die Moorsoldaten“.

Vielen von ihnen wird in Duisburg mit Erinnerungsorten, Namensgebungen von Straßen, Schulen und Plätzen gedacht.

In der gesamten Zeit des Faschismus gab es in Duisburg organisierten Widerstand. So spielte beispielsweise der Binnen-Hafen als Umschlagplatz für illegale Schriften eine zentrale Rolle.

Illegale Schriften, vielfach aus den Niederlanden eingeführt wurden von dort aus weiterverbreitet. Eine zentrale Rolle spielte hierbei die Widerstandsgruppe der Brotfabrik „Germania“ in Duisburg-Hamborn. In dieser illegalen Zentrale der SPD arbeiteten verfolgte Sozialdemokraten und Gewerkschafter, wie z.B. Sebastian Dahni, ehemals gewerkschatlich aktiv im Nahrungs- – und Getränke Verband in dem von August Kordahs erworbenen Betrieb. Verbreitet wurden die Schriften über Kollegen der illegalen Eisenbahnergewerkschaft und die sog. ITF, die internationale Transporterbeiterföderation.

Die Widerstandsarbeit konnte bis Mai/Juni 1935 aufrechterhalten werden. Im Duisburger Polizeigefängnis starben dann bei den Verhören Alfred Hitz, Reinhold Büttner, Alexander Nöthen und Gustav Großmann.

Der gewerkschaftliche Widerstand erlosch somit nicht mit den Ereignissen am 2. Mai.

 

Anlässlich der diesjährigen Mahnveranstaltung, ausgerichtet vom DGB Niederrhein, bitten wir um Rückmeldung zu Eurer Teilnahme. Wir bitten euch daher, uns bis zum 28. April 2023 über die Online-Abfrage mitzuteilen, ob ihr an der Kranzniederlegung sowie der Busfahrt zu den Orten der Erinnerung teilnehmen möchtet.

Unsere Wachsamkeit gegenüber Tendenzen des Rassismus kann nicht groß genug sein!

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